Kündigungsschutzprozesse können sich über Monate, in Einzelfällen sogar Jahre hinziehen. Verliert der Arbeitgeber in letzter Instanz und steht damit die Unwirksamkeit der Kündigung fest, muss er grundsätzlich die seit Ablauf der Kündigungsfrist entstandenen Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers nachzahlen. Er befindet sich nämlich im Annahmeverzug. Auf die Annahmeverzugsansprüche muss sich der Arbeitnehmer nicht nur das anrechnen lassen, was er tatsächlich an Einkünften erzielt, sondern auch fiktive Einkünfte, wenn er es böswillig unterlässt, andere Einkünfte zu erzielen.
Über tatsächlich erzielte Einkünfte muss der Arbeitnehmer Auskunft erteilen. Nicht entschieden war bisher, ob es auch eine Auskunftsverpflichtung hinsichtlich etwaiger Erwerbschancen gibt. Grundsätzlich trägt nämlich der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es der Arbeitnehmer böswillig unterlassen hat, eine zumutbare Arbeit anzunehmen. Dafür wird er aber im Regelfall keine Anhaltspunkte haben.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun klargestellt, dass der Arbeitnehmer im Rahmen eines Prozesses über Annahmeverzugsansprüche auch Auskunft darüber erteilen muss, welche Vermittlungsangebote er von der Bundesagentur für Arbeit erhalten hat. Der Arbeitnehmer sei gesetzlich verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden und aktiv bei der Vermeidung und Beendigung von Arbeitslosigkeit mitzuarbeiten. Er müsse daher auch die Vermittlungsangebote der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich in Anspruch nehmen. Es sei auch davon auszugehen, dass die Bundesagentur für Arbeit ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkomme und dem Arbeitnehmer Vermittlungsangebote zusende. Unterlasse es der Arbeitnehmer, ein zumutbares Vermittlungsangebot anzunehmen, könne das ein böswilliges Unterlassen im Rahmen des Annahmeverzugsanspruchs darstellen. Der Arbeitgeber sei dabei auf die Auskunft des Arbeitnehmers angewiesen. Die Bundesagentur für Arbeit dürfe ihm keine Auskunft erteilen und die Einschaltung eines Detektivs sei unverhältnismäßig. Im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast sei der Arbeitnehmer daher verpflichtet, die Vermittlungsangebote unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung offenzulegen. Der Arbeitgeber müsse dann darstellen, warum die Tätigkeit zumutbar gewesen sei. Erst dann sei es Aufgabe des Arbeitnehmers auch zu begründen, warum es nicht zum Vertragsschluss gekommen bzw. die Arbeit nicht zumutbar gewesen sei.
Damit, ob auch dann fiktive Einkünfte anzurechnen sind, wenn sich der Arbeitnehmer überhaupt nicht arbeitslos meldet, musste sich das Bundesarbeitsgericht nicht auseinandersetzen. Seine Ausführungen lassen aber vermuten, dass das jedenfalls dann der Fall sein könnte, wenn der Arbeitgeber seinerseits darlegen könnte, dass es im fraglichen Zeitraum geeignete Stellen gegeben hat.
Hinweise für die Praxis:
Arbeitgeber, die hohe Annahmeverzugsansprüche vermeiden möchten, sollten vorsorglich den Arbeitsmarkt im Auge behalten und geeignete Stellenangebote dokumentieren. Ferner ist zu überlegen, dem Arbeitnehmer derartige Stellenangebote auch unabhängig von etwaigen Vermittlungsangeboten der Bundesagentur für Arbeit zuzuleiten. Es spricht nämlich einiges dafür, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich auf geeignete Stellenangebote zu bewerben und dies auch im Prozess darlegen muss. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer auch gezielt eine andere Stelle, gegebenenfalls bei einem anderen Arbeitgeber nachweisen. Diese muss nicht zwingend gleichwertig sein. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer dort mehr verdienen kann als er an Arbeitslosengeld beziehen würde, dürfte von einer Zumutbarkeit auszugehen sein.