Klage auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit: Schlüssiger Vortrag zur Höhe der Vergütung ausreichend

Die Parteien des vom BGH (Urteil vom 17. August 2023 – VII ZR 228/22) entschiedenen Rechtsstreits schlossen im September 2020 einen Vertrag über die Errichtung eines Gemeindezentrums. Die Auftragssumme belief sich auf 4.740.000 EUR netto. Nach Beginn der Bauarbeiten errichtete die Klägerin für die Beklagte auf dem Nachbargrundstück im Dezember 2020 eine Bodenplatte aus Stahlbeton für eine Kindertagesstätte, die nicht Gegenstand des Bauvertrags aus dem September 2020 gewesen ist. Die Beklagte leistete für die bauvertraglich vereinbarten Arbeiten Abschläge in Höhe von 1.333.424 EUR.

Im März 2021 forderte die Klägerin zunächst eine Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB über einen Betrag in Höhe von 4.671.000 EUR brutto. Diesen Betrag erhöhte sie nach weiteren Fristsetzungen auf 5.021.000 EUR brutto und stellte aufgrund der Nicht-Leistung der Sicherheit ihre Arbeiten ein. Im April 2021 erhob sie schließlich Klage auf Stellung einer Teil-Sicherheit über 2,0 Mio. EUR. Nach wechselseitigen Kündigungen machte die Klägerin außerdem die sog. große Kündigungsvergütung nach § 650f Abs. 5 BGB geltend.

Das Kammergericht ging in seinem Berufungsurteil davon aus, dass – da die Höhe der zu besichernden Werklohnforderung zwischen den Parteien strittig war – die Höhe der Sicherheit nach § 287 Abs. 2 ZPO durch das Gericht zu schätzen sei. Diese Schätzung sei selbst dann vorzunehmen, wenn eine Partei – hier die Beklagte – im Termin zur mündlichen Verhandlung einen sachverständigen Zeugen präsent habe, der zur Höhe der zu besichernden Vergütung vernommen werden könne.

Der VII. Senat entschied dagegen, dass ein Abzug bei der Höhe der Sicherheit unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht kommt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es vielmehr im Falle einer Kündigung des Vertrags nach § 650f Abs. 5 S. 1 BGB aus, dass der Vortrag des Unternehmers zur Höhe der Vergütung schlüssig ist, um hiernach die Höhe der geforderten Sicherung zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2014 – VII ZR 349/12). Die Möglichkeit, einen – streitigen – Abzug von der schlüssig dargelegten Vergütungsforderung ausnahmsweise nach Maßgabe von § 286 ZPO festzustellen, ohne dass damit der Rechtsstreit verzögert wird, bleibt davon zwar unberührt. Für die Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO bleibt danach aber kein Raum. Daher habe das Kammergericht zu Unrecht einen nach § 287 Abs. 2 ZPO durch Schätzung ermittelten Betrag in Höhe von 437.025,62 EUR abgezogen.

Entgegen der Ansicht des Kammergerichts ist für die Höhe der Sicherheit auch nicht auf die Erfolgsaussicht der Durchsetzung der eigentlichen Vergütung abzustellen, da es sich bei dem Klageverfahren aus § 650f BGB nicht um ein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren handelt.

Rechtsfehlerfrei entschied das Kammergericht hingegen, dass die von der Beklagten erklärte Aufrechnung über einen Betrag in Höhe von 300.000 EUR keinerlei Auswirkungen auf die Höhe der Sicherheit hat. Die Beklagte war der Ansicht, dass die Klägerin die Bodenplatte auf dem Grundstück zu Unrecht errichtet hatte und sie diesen Betrag aufwenden müsse, um die Bodenplatte wieder zu entfernen. Auch bereits vor Verlangen der Sicherheit erklärte Aufrechnungen blieben gemäß § 650f Abs. 1 S. 4 BGB bei der Berechnung der Höhe der Sicherheit unbeachtlich.

Der BGH unterstreicht mit diesem Urteil noch einmal, dass der vorleistungspflichtige Auftragnehmer schnell an eine Sicherheit für seine offenen Werklohnforderungen gelangen soll und dass die Höhe weitgehend losgelöst vom letztendlich „richtigen“ Werklohnanspruch zu berechnen ist.

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