Urheber, Kultur und MedienVON Dr. Christine Danziger, LL.M.
Richterin muss Nennung ihres Namens im Buch „Rechte Richter“ hinnehmen – OLG Frankfurt weist Klage gegen Namensnennung zurück

Mit Urteil vom 8. Mai 2025 (16 U 11/23) hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Unterlassungsklage einer Richterin abgewiesen, die sich gegen ihre namentliche Nennung in dem Buch „Rechte Richter“ des Journalisten und Kriminologen Joachim Wagner gewandt hatte. In dem Buch wird eine Äußerung der Richterin im Zusammenhang mit einem von ihr geleiteten öffentlichkeitswirksamen Strafverfahren wiedergegeben und ihre Verfahrensführung kritisiert. Dies geschieht unter Nennung ihres vollen Namens. Dadurch sah sich die Richterin in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Zu Unrecht, wie nun in zweiter Instanz bestätigt wurde.

Informationsinteresse der Öffentlichkeit vs. Persönlichkeitsschutz

Die namentliche Nennung der Richterin im Zusammenhang mit ihrer richterlichen Tätigkeit stelle zwar einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, so das OLG. Dieser sei jedoch durch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt. In seiner Begründung stellte das Gericht maßgeblich auf den Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen ab, der als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang besitze. Nach modernem Verständnis gewährleistet dieser Grundsatz nicht allein die Präsenzöffentlichkeit im Gerichtssaal. Vielmehr wird sein Sinn und Zweck vor allem darin gesehen, die mediale Berichterstattung über justizielles Handeln zu ermöglichen.

BVerwG: Namentliche Nennung von Richter:innen entspricht Stoßrichtung des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Das entscheidende Argument entnimmt das OLG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 – 6 C 35/13): Danach ist das namentliche Bekanntwerden von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege in Gerichtsverhandlungen mitwirken, nicht nur eine faktische Konsequenz des Öffentlichkeitsgrundsatzes, sondern entspricht seiner normativen Stoßrichtung als Ausdruck des demokratischen Transparenzgebots. Mit anderen Worten: Wer öffentliche Gewalt ausübt – also auch Richterinnen und Richter – muss für seine Entscheidungen öffentlich einstehen. Eine „Bedürfnisprüfung“, ob die identifizierende Berichterstattung zwingend notwendig oder von Interesse sei, lehnte das Gericht unter Hinweis auf die Pressefreiheit ab – auch im Kontext dauerhafter Publikationen wie Büchern.

Kritik müssen Richter:innen aushalten

Folgerichtig stellte das OLG klar, dass Richterinnen und Richter im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit durchaus im öffentlichen Interesse stünden. Solange keine unwahren oder entstellten Tatsachen verbreitet würden oder von der Darstellung eine Prangerwirkung für den/die Betroffene:n ausgehe, rechtfertigten daher auch etwaige berufliche oder reputative Auswirkungen kein Verbot der Namensnennung.

Keine Diffamierung, keine Falschdarstellung

In dieser Hinsicht gab die streitgegenständliche Publikation jedoch keinen Anlass zur Beanstandung. So stellte das Gericht fest, dass die Klägerin in dem Buch sachlich korrekt mit einer Äußerung aus der mündlichen Urteilsbegründung zitiert werde, ohne dass sie selbst – etwa als „rechte Richterin“ – politisch eingeordnet werde. Zwar trage das Buch einen provokanten Titel, doch sei es inhaltlich von einer differenzierten Justizkritik ohne persönliche Diffamierung gekennzeichnet. Gerade in der mit der Klage angegriffenen Passage werde kein persönlicher Vorwurf gegen die Richterin erhoben, sondern das aus Sicht des Autors problematische Vorgehen der Strafjustiz in dem relevanten Strafverfahren als Teil struktureller Schwächen thematisiert.

Transparenz und Verantwortlichkeit im demokratischen Rechtsstaat

Das Urteil arbeitet ein entscheidendes verfassungsrechtlich verankertes Prinzip demokratisch-rechtsstaatlicher Machtausübung für den Bereich der Judikative pointiert heraus und wendet es überzeugend an: Im Interesse von Transparenz und Kontrolle gilt: Wer öffentlich Recht spricht, muss hierfür mit seiner Person einstehen und öffentliche Kritik aushalten, solange diese sich an die Fakten hält und nicht diffamierend ausfällt.