Die Regierungsfraktionen haben einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, mit dem die Handlungsfähigkeit der Kommunen angesichts der Corona-Pandemie gesichert werden soll. Vorgesehen ist eine Verordnungsermächtigung zugunsten des Ministers des Innern und für Kommunales, durch die zeitlich befristet bis zum 30. Juni 2020 Ausnahmen von bestimmten – eigentlich zwingenden – Regelungen der Kommunalverfassung zugelassen werden kann.
Ausnahmen im Verordnungswege sollen ermöglicht werden
1. von dem Verbot der Übertragung von Entscheidungskompetenzen in der Allzu-ständigkeit der Gemeindevertretung auf den Hauptausschuss,
2. von der Pflicht, Sitzungen der Gemeindevertretung und des Hauptausschusses als Präsenzsitzungen durchzuführen,
3. von dem Verbot, im schriftlichen Umlaufverfahren Beschlüsse der Gemeinde-vertretung und des Hauptausschusses zu fassen,
4. von der Pflicht, bei Präsenzsitzungen unmittelbare Sitzungsöffentlichkeit zu gewährleisten,
5. von der Pflicht, bereits festgelegte kommunale Wahlen und nach gesetzlicher Vorschrift festzusetzende oder festgesetzte Bürgerentscheide vor dem Außerkrafttreten dieses Gesetzes nach § 3 durchzuführen,
6. von dem Verbot, noch nach der konstituierenden Sitzung weitere Stellvertreter unter Berücksichtigung des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes für die Mitglieder des Hauptausschusses zu bestellen
Die Verordnung darf – so der Gesetzentwurf – nur nach Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und – einigermaßen ungewöhnlich – im Einvernehmen mit dem Ausschuss für Inneres und Kommunales des Landtags Brandenburg erlassen werden.
Die durch das Gesetz (bzw. die darauf gestützte Verordnung) ermöglichten Befreiungen von an sich zwingenden Vorschriften der Kommunalverfassung sind gravierend. Sie tangieren in erster Linie das Öffentlichkeitsgebot kommunaler Gremiensitzungen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 und § 44 Abs. 2 und 3 BbgKVerf). Dabei ist u.a. unklar, wie Öffentlichkeit hergestellt bzw. gewährleistet werden soll, wenn die Sitzung der Gemeindevertretung bzw. des Hauptausschusses nicht als Präsenssitzung durchgeführt werden. Zweifelhaft sind auch durch Gesetz/Verordnung ermöglichten Einschränkungen des Öffentlichkeitsgebots, wenn man zum Vergleich den Regelungsmechanismus bei Eilentscheidung des Hauptverwaltungsbeamten nach § 58 BbgKVerf in den Blick nimmt. Letztgenannte Entscheidung müssen in einer nachfolgenden (grundsätzlich öffentlichen) Sitzung des zuständigen Organs genehmigt werden. Ein derartiges nachholendes Verfahren sieht der Gesetzentwurf für öffentlichkeitsbeschränkte Maßnahmen aufgrund einer Notlageverordnung nicht vor.