Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass § 10 Abs. 1 S. 2 ThürWaldG, wonach die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald unzulässig ist, mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig ist.
Ein solches Verbot der Änderung der Nutzungsart von Wald sei weder mit Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgarantie) noch mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung vereinbar. Der Bund habe seine Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Bodennutzung durch gesetzliche Regelungen im Baugesetzbuch – im Bereich der Windenergienutzung insbesondere durch §§ 35 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3, 249 Abs. 3 Satz 3 BauGB sowie künftig durch die Neuregelungen des Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land – abschließend genutzt, so dass für landesrechtliche Regelungen kein Raum sei. Eine über die Länderöffnungsklausel und Abstandsregelung des § 249 Abs. 3 BauGB hinausgehende Öffnung, aus der der Landesgesetzgeber eine Kompetenz für den generellen Ausschluss von Windenergieanlagen auf Waldflächen herleiten könnte, enthalte das Baugesetzbuch nicht.
Auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für Naturschutz und Landschaftspflege nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG könne sich der Landesgesetzgeber nicht berufen, weil das Verbot zur Errichtung von Windenergieanlagen nach dem ThürWaldG nicht an der Eigenart oder Lage konkreter Teile der Natur und Landschaft ansetze, die besonders schutz- oder entwicklungsbedürftig seien, sondern ausnahmslos alle Waldgebiete vor Bebauung durch Windenergieanlagen schützen wollte. Im Freistaat Thüringen bestehe ein nennenswerter Teil des Waldes aus sog. Kalamitätsflächen, bei denen eine forstwirtschaftliche Nutzung wegen Waldschäden, etwa aufgrund von Sturmfolgen oder Schädlingen nicht oder nur eingeschränkt möglich sei. Nur etwa 20 % der Bäume im Thüringer Wald gelten nach dem aktuellen Waldzustandsbericht des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft als gesund. Insgesamt macht Wald nach Angaben der Fachagentur Windenergie an Land 34 % der Fläche des Freistaates Thüringen aus.
Eigentümerinnen und Eigentümer von Waldgrundstücken hatten die Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie hatten geltend gemacht, dass der Waldbestand auf ihren Grundstücken teilweise insbesondere durch Schädlingsbefall erheblich geschädigt sei und daher gerodet werden musste. Diese Flächen wollen sie für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen nutzen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erging zwar zu einer Norm im ThürWaldG, dürfte aber auch Auswirkungen auf andere Bundesländer haben. Unter anderem enthalten die Landeswaldgesetze von Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ähnliche Regelungen. Aufgrund der umfangreichen bundesrechtlichen Neuregelungen und des Systemwechsels im Bereich der Planung von Standorten für die Windenergienutzung müssen alle Landesgesetzgeber und Regionalen Planungsgemeinschaften bzw. –verbände ihre bisherigen Regelungen ehedem auf den Prüfstand stellen.
Zu den zahlreichen Neuregelungen im Bereich der Windenergie beraten wir Planungsträger und Vorhabenträger gern.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts finden Sie hier.