Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat mit Urteilen vom 5. Juli 2018 den Regionalplan „Havelland-Fläming 2020“ (bekannt gemacht im Amtsblatt für Brandenburg vom 30.10.2015) insgesamt für unwirksam erklärt (Az. OVG 2 A 2.16, 2 A 11.16, 2 A 12.16, 2 A 13.16, 2 A 14.16, 2 A 15.16, 2 A 16.16 und 2 A 17.16).
Festgestellt wurden zahlreiche formelle Fehler, insbesondere Fehler bei der Ausfertigung und Bekanntmachung des Regionalplans, aber auch schon Fehler bei der Bekanntmachung zur Träger- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Nach Ansicht des Senats reiche die Bekanntmachung darüber, dass „der Regionalplan“ ausliege, nicht aus, wenn weder der räumliche noch der sachliche Umgriff des Regionalplans näher bestimmt werden. Zur Gewährleistung der Anstoßfunktion sei jedenfalls eine grobe Skizzierung dessen, was Inhalt des Regionalplans ist, erforderlich. Die Einsichtsmöglichkeit in den Entwurf zum Regionalplan an nur zwei Wochentagen für je 6 Stunden, ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme am Nachmittag – wie es im Landkreis Potsdam-Mittelmark der Fall war -, sei unzureichend.
Darüber hinaus leide der Regionalplan aber auch an erheblichen materiellen Fehlern und erweise sich als abwägungsfehlerhaft. Dem Regionalplan fehle es an einem schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzept. Denn mit dem vorgelegten Konzept könne der Plangeber sein Ziel nicht erreichen. Dies gelte insbesondere für die acht Potentialflächen, die der Verlagerung von außerhalb der Windeignungsgebiete befindlichen Windenergieanlagen dienen sollten. Soweit der Plangeber die Festlegung der Potentialflächen als Ausnahmeregelung von der Ausschlusswirkung (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) konzipiert habe, sei dies nicht abschließend abgewogen worden. Insbesondere sei den Kommunen völlig freigestellt worden, ob sie von der Möglichkeit der gemeindlichen Planung zur Anlagenverlagerung (§ 249 Abs. 2
BauGB) überhaupt Gebrauch machen wollten. Konkrete Vorgaben für die Repowering-Festlegungen fehlten. Damit könnten Gemeinden die beabsichtigte Verlagerung auch vollständig „aushebeln“, so die Vorsitzende bei der Urteilsverkündung.
Beanstandet wurde ferner die mangelnde Unterscheidung zwischen „harten“ und „weichen“ Tabuzonen bei den Siedlungsabständen. Die Regionalplanung hatte den aus Gründen des vorbeugenden Immissionsschutzes in Ansatz gebrachten 1.000 m zu Siedlungsbereichen insgesamt als „weiche“ Tabuzone eingestellt. Dies sei nach Ansicht des 2. Senats fehlerhaft, da jedenfalls ein Teil davon als „harte“ Tabuzone in Ansatz zu bringen gewesen wäre.
Eine kleine Überraschung gab es in dem Verkündungstermin dann auch noch: entgegen der noch in der 6-stündigen mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2018 geäußerten Auffassung lässt der 2. Senat nunmehr unbeanstandet, dass die Regionalplanung die Gebiete des Freiraumverbundes des Landesentwicklungsplans Berlin-Brandenburg (LEP B-B) als „harte“ Tabuzone in Ansatz gebracht hat. Dies ist insofern überraschend, als die Festlegungen des LEP B-B zum Freiraumverbund Ausnahmen vorsehen und zudem noch mehrere Normenkontrollverfahren gegen den LEP B-B beim 10. Senat anhängig sind.
Von Interesse dürfte ferner sein, dass der 2. Senat weiterhin zu der Annahme neigt, dass auch die Schutzbereiche der Tierökologischen Abstandskriterien in Brandenburg (TAK) zu den „harten Tabuzonen“ zählen dürften. Darauf kam es in den zu entscheidenden Fällen aber nicht mehr an, da sich der Regionalplan insbesondere schon in Hinblick auf den Umgang mit den Interessen von Anlagenbetreibern, die außerhalb der Windeignungsgebiete über Bestandsanlagen verfügten, als abwägungsfehlerhaft erwies. Infolge der Fehler beim Planungskonzept und der Ausweisung der Potentialflächen seien die Interessen der Anlagenbetreiber fehlerhafterweise dann auch nicht in die ortsbezogene Einzelfallabwägung eingestellt worden. Die Fehler bei der Abwägung schlugen im Ergebnis entsprechend auch auf die erforderliche Substantialität durch.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
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