

Der Verfassungsgerichtshof Berlin hat mit Urteil vom 25. Juni 2025 (VerfGH 43/22) den Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens „Berlin autofrei“ für zulässig erklärt (https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2025/pressemitteilung.1573732.php). Zur Prüfung stand der von der Trägerin des Volksbegehrens ausgearbeitete Gesetzentwurf „Berliner Gesetz für gemeinwohlorientierte Straßennutzung“. Die Senatsinnenverwaltung hielt den Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens für materiell unzulässig und legte die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Verfassungsgerichtshof vor. Das Verfahren endete mit einem Erfolg für die Trägerin des Volksbegehrens.
Die Kernidee des Gesetzentwurfs besteht darin, durch Schaffung einer neuen Straßenkategorie – der autoreduzierten Straße – den Bereich des Innenstadtrings von Berlin (Umweltzone) autofrei zu machen. Rechtstechnisch soll dies durch eine Teileinziehung der dort gelegenen öffentlichen Straßen bewerkstelligt werden. Der Verfassungsgerichtshof wertet dies als eine Modifikation des Inhalts des Gemeingebrauchs. Damit sei als Gesetzgebungsmaterie das Straßenrecht betroffen. Dieses unterliege – ein erster Streitpunkt im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof – dem Regelungszugriff des Landes Berlin. Der Gesetzentwurf lasse im übrigen keine Verstöße gegen Grundrechtspositionen Dritter (Eigentumsgarantie, Berufsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit) erkennen. Dies gelte auch für sonstige aus dem Rechtsstaatsprinzip an den Gesetzentwurf zu stellende Anforderungen (Allgemeinheit des Gesetzes, Wahrung der Gewaltenteilung) sowie die Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union.
Die Entscheidung erging mit 8:1 Stimmen. Im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung sieht das Sondervotum eine Unvereinbarkeit des Gesetzentwurfs mit dem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit und hält das Vorhaben mit der staatlichen Verpflichtung für unvereinbar, für ein hinreichendes öffentlich-rechtliches Straßennetz mit öffentlich-rechtlichen Benutzungsansprüchen zu sorgen.
Ob der Entwurf des Gesetzes zur gemeinwohlorientierten Straßennutzung tatsächlich Gesetzeskraft erlangt, ist noch nicht entschieden. Die Besonderheit des Prüfungsverfahrens nach § 55 BerlVerfGHG besteht darin, dass Entwürfe von Rechtsnormen einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof vorgelegt werden. Damit ist eine erste Hürde genommen. Weitere Schritte (Volksbegehren und Volksentscheid) stehen noch aus.
Ob Berlin irgendwann Utrecht, Kopenhagen oder Amsterdam in punkto Fahrradfreundlichkeit nacheifert, wird die Zukunft weisen. Das (Fahrrad-)Paradies lässt noch auf sich warten. An der fehlenden Verfassungskonformität würde es nicht scheitern. Das ist schon mal was.