Real Estate LawBY Mike Große
BGH-Urteil vom 17. Juli 2025 (Az. IX ZR 70/24): Werklohnanspruch auch ohne Abnahme – Neue Maßstäbe für die Fälligkeit der Vergütung im Insolvenzfall

Mit seinem Urteil vom 17. Juli 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine praxisrelevante Entscheidung für das Insolvenzrecht getroffen: Der Werklohnanspruch eines Insolvenzverwalters kann auch ohne Abnahme der Werkleistung durchgesetzt werden – sofern die Leistung teilbar und ihr Wert objektiv bestimmbar ist.

Hintergrund des Verfahrens

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Dachdeckermeister vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Werkleistungen erbracht, die jedoch nicht abgenommen wurden. Der Insolvenzverwalter machte den Werklohn geltend, die Auftraggeberin verweigerte die Zahlung unter Berufung auf Mängel und die fehlende Abnahme.

Kernaussagen des BGH

  • Vertragsaufspaltung bei teilbaren Leistungen:
    Der BGH bestätigt, dass ein beiderseitig nicht vollständig erfüllter Vertrag mit Verfahrenseröffnung in einen erfüllten und einen nicht erfüllten Teil aufgespalten wird (§ 103 InsO). Dies gilt bei teilbaren Leistungen auch ohne Erfüllungswahl durch den Insolvenzverwalter.
  • Vergütungsanspruch ohne Abnahme:
    Für die vorinsolvenzlich erbrachte Teilleistung besteht ein Vergütungsanspruch, selbst wenn keine Abnahme erfolgt ist. Entscheidend ist, dass der Wert der Leistung objektiv bestimmbar ist – notfalls durch Sachverständigengutachten.
  • Mängel führen zu Kürzungen, nicht zum Ausschluss:
    Liegen Mängel vor, ist der Anspruch um die Mängelbeseitigungskosten zu kürzen. Ein vollständiger Ausschluss des Anspruchs erfolgt nicht.

Relevanz für die Praxis

Das Urteil stärkt die Position von Insolvenzverwaltern und schafft Klarheit für die Durchsetzung von Werklohnansprüchen. Es erleichtert die Liquiditätsgenerierung zugunsten der Masse und erhöht die Rechtssicherheit bei der Bewertung nicht abgenommener Leistungen.

Für Auftraggeber bedeutet dies, dass auch ohne Abnahme eine Zahlungspflicht entstehen kann – ein Umstand, der bei Vertragsgestaltung und Dokumentation künftig stärker berücksichtigt werden sollte.

Fazit

Der BGH setzt mit dieser Entscheidung ein deutliches Signal: Die Abnahme ist kein zwingendes Erfordernis für die Vergütung teilbarer Werkleistungen im Insolvenzverfahren. Die Entscheidung ist ein Gewinn für die insolvenzrechtliche Praxis und sollte in der Beratung von Insolvenzverwaltern und Gläubigern künftig berücksichtigt werden.