Staat und VerwaltungVON Dr. Reni Maltschew
OVG Berlin-Brandenburg erklärt den Sachlichen Teilplan „Windenergienutzung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree für unwirksam

Der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat in vier Normenkontrollverfahren mit Urteilen vom 30. September 2021 den Regionalplan Oderland-Spree, Sachlicher Teilplan „Windenergienutzung“ (bekannt gemacht im Amtsblatt für Brandenburg vom 16. Oktober 2018, S. 930 ff.) für unwirksam erklärt (Az. OVG 10 A 9/18, 10 A 17/19, 10 A 20/19 und 10 A 22/1).

Geklagt hatten die in den Verfahren von unserer Kanzlei vertretenen Gemeinden Mixdorf (Amt Schlaubetal) und Neuhardenberg (Amt Neuhardenberg). Eine weitere Normenkontrolle hatte ein Grundstückseigentümer eingelegt, der in ca. 800 m Entfernung von einem ausgewiesenen Windeignungsgebiet wohnt und u.a. immissionsschutzrechtliche Beeinträchtigungen geltend machte. Ein vierter Antragsteller klagte aufgrund der seiner Auffassung nach unzureichenden Berücksichtigung seiner Repoweringinteressen. Er begehrte die Erweiterung eines Windeignungsgebietes und den Einschluss einer Bestandsanlage.

Ähnlich wie beim Regionalplan Uckermark-Barnim, Sachlicher Teilplan „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“, welchen der Senat im Frühjahr für unwirksam erklärt hatte (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02. März 2021 – OVG 10 A 17.17), führten allein schon Mängel in der Bekanntmachung zur Offenlage zur Unwirksamkeit des Regionalplans.

Dass Gericht beanstandete die Formulierung in der Bekanntmachung, wonach Stellungnahmen „in schriftlicher Form“ oder „auch auf dem elektronischen Weg“ abgegeben werden können. Auf die Möglichkeit einer Abgabe von Stellungnahmen mündlich zur Niederschrift wurde nicht hingewiesen. Darüber hinaus enthielt die Bekanntmachung den Zusatz, wonach bei sogenannten gleichförmigen Einwendungen „auf jeder mit Unterschriften versehenen Seite ein Unterzeichner mit Namen und Anschrift (in Druckschrift) als Vertreter der übrigen Unterzeichner zu bezeichnen“ ist und der Vertreter durch Unterzeichnen sein Einverständnis zu bekunden hat. In seinem Urteil zum Regionalplan der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald hatte der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichtes 2019 bereits entschieden, dass diese beiden formellen Fehler dazu geeignet sind, dass interessierte Bürger von einer Stellungnahme Abstand nehmen (Urteil vom 23. Mai 2019 – OVG 2 A 4.19 –, juris-Rn. 42 f.). Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Beschluss vom 10. Juni 2020 – 4 BN 55/19 – bestätigt (juris-Rn. 6 f.). Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung des 10. Senats so auch erwartet worden.

Auf die weiteren gerügten formellen und materiellen Mängel ist der Senat in der Folge nicht mehr eingegangen. Dies betraf u.a. die Frage der Notwendigkeit einer erneuten Auslegung des Planentwurfs nach der Änderung des Plankonzeptes hinsichtlich der harten und weichen Tabukriterien. Ungeklärt – weil nicht mehr entscheidungserheblich – blieben auch sämtliche materiellen Rügen, insbesondere die von den Gemeinden geltend gemachten Abwägungsfehler und artenschutzrechtlichen Belange (Stichwort: Rotmilan).

Für die Regionalplanung offenbar durchaus überraschend hielt das Gericht alle vier Normenkontrollen – also auch die der beiden privaten Grundstückseigentümer – für zulässig und begründet. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Nachdem nun auch dieser Regionalplan für unwirksam erklärt wurde, ist zu erwarten, dass die Regionale Planungsgemeinschaft Oderland-Spree einen neuen Regionalplan erarbeiten und zeitnah neue Kriterien für einen neuen Regionalplan zur Steuerung der Windenergienutzung aufstellen wird, damit das sog. Windkraftmoratorium (§ 2c RegBkPlG) eingreift. Das Windkraftmoratorium hat zur Folge, dass zur Sicherung der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung die Genehmigung raumbedeutsamer Windenergieanlagen in der gesamten Region ab dem Tag der öffentlichen Bekanntmachung für zwei Jahre vorläufig unzulässig ist. Dieser Zeitraum kann zwei Mal um je ein Jahr, also auf insgesamt vier Jahre, verlängert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass in diesem Zeitraum gar keine Windenergieanlagen errichtet werden können, da Ausnahmen vom Windkraftmoratorium möglich sind, etwa innerhalb entsprechend festgesetzter Bebauungsplangebiete.

Die kurze Pressemitteilung des OVG finden Sie hier.

Mehr zum Thema Windkraftmoratorium in unserer News vom 29. Juli 2021.